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2. BWK Odertag „Die Deutsch-Polnische Stromregelungskonzeption für die Grenzoder - Koncepcji regulacji cieku Odry Granicznej“

Im Jahr 2012 hat der BWK erstmals eine einzugsgebietsbezogene, wasserwirtschaftliche Fachtagung durchgeführt, mit der er einen Informationsaustausch komplexer hydrologischer, ökologischer und gütewirtschaftlicher Fragestellungen über Ländergrenzen hinaus anstoßen und die an unterschiedlicher Stelle tätigen Fachkolleginnen und Fachkollegen miteinander ins Gespräch bringen wollte.


Die damals gesammelten Erfahrungen zeigten, dass der länderübergreifende Austausch von Informationen verstärkt werden muss. Heute führt der BWK mit dem Küstentag, dem Elbetag und dem Rheintag 3 nationale Veranstaltungen durch, deren übergeordnetes Ziel der Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den Bundesländern und den verschiedenen Fachbereichen der Wasserwirtschaft ist.


Der BWK Odertag ist der 1. internationale Gewässertag des BWK und wurde erstmals im Juni 2022 aus Anlass des 25. Jahrestags der Flutkatastrophe an der Oder vom BWK-Landesverband Brandenburg und Berlin ausgerichtet. Damals wurde eine Kooperationsvereinbarung mit dem polnischen Verband der Ingenieure und Techniker für Wasser- und Bodenverbesserung, SITWM, abgeschlossen und vereinbart, die Veranstaltung gemeinsam fortzuführen. Schwerpunktthemen der Tagungen sollten in erster Linie wasserwirtschaftliche Infrastruktur, Hochwasserschutz, Gewässerunterhaltung, Schiffbarkeit, Niedrigwasser, Wasserqualität und Ökologie sein.


Am 07.06.2024 wurde der 2. BWK Odertag im Europäischen Zentrum für Bildung und Kultur Zgorzelec-Görlitz durchgeführt. Für die Vorbereitungs-Crew des Landesverbandes war die Tagungsorganisation spannend, weil wir erstmals mit einem Tagungscenter in der Republik Polen zusammenarbeiteten. Vorweg – es gab überhaupt keine Probleme, im Gegenteil, die Zusammenarbeit war großartig und das Catering richtig gut. Die Fachtagung wurde gemeinsam mit dem BWK-Landesverband Sachsen und dem SITWM durchgeführt.


Referentinnen und Referenten aus der Republik Polen, der Tschechischen Republik und Deutschland wurden eingeladen, konzeptionelle und fachplanerische Ansätze der notwendigen Maßnahmen vorzustellen und Hintergründe, Umsetzung und Konsequenzen der Arbeiten zu beleuchten.


Die Tagung wurde mit einem Grußwort des Staatsministers für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft des Freistaats Sachsen, Herrn Wolfram Günther, eröffnet, der sehr detailliert und kenntnisreich die Herausforderungen der nationalen und internationalen Wasserwirtschaft beschrieb und konkrete Vorhaben und Planungen des Freistaats Sachsen schilderte.


Im Anschluss gab Sven Brack von der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt einen einleitenden Überblick über die Aufgaben und Planungen der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung an der Grenzoder und ging auf das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen über die gemeinsame Verbesserung der Situation an den Wasserstraßen im deutsch-polnischen Grenzgebiet vom 27.04.2015 ein, dessen wesentliche Inhalte die Instandsetzung des vorhandenen Stromregelungssystems und die Sicherstellung des Eisaufbruchs im Winter sind.


Bogdan Zakrzewski, stellvertretender Direktor für Hochwasser- und Dürreschutz bei der Staatlichen Wasserwirtschaftsbehörde Wody Polskie, Regionale Wasserwirtschaftsbehörde Szczecin, gab im Anschluss einen Überblick, über die im Bereich der Polnischen Grenzoder realisierten und weiterhin geplanten Maßnahmen. Er ging dabei auch auf den in Deutschland oftmals nicht so bekannten Sachverhalt ein, dass auch in der Republik Polen Europäische Vorschriften und Gesetze zum Schutz von Natur und Umwelt gelten und dass sämtliche Baumaßnahmen auf ihre Auswirkungen auf die Schutzgüter geprüft, Eingriffe minimiert und ausgeglichen und Auswirkungen in einem mehrjährigen Monitoring-System überwacht werden. Herr Zakrzewski erläuterte zum Schutz der Ökologie angepasste Bauweisen, zeigte Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und erklärte an Hand einer Vielzahl von Folien aus dem Baugeschehen, die bisher durchgeführten Baumaßnahmen.


Dass der deutsche Blick auf die Oder nicht der alleinige Anspruch sein kann, erläuterte im Anschluss Rafał Zahorski, Beauftragter für Hafenentwicklung bei der Abteilung des Präsidenten des Verwaltungsrates der Szczeciner und Świnoujście Seehafenbehörde S.A. Beide Häfen verbinden die Ostsee mit dem Schwarzen Meer, der Adria und dem Mittelmeer, das Hinterland der Häfen ist eine der am stärksten industrialisierten Regionen Polens. In den kommenden Jahren werden die Häfen immer mehr an Nachhaltigkeitsforderungen angepasst. So ist der Bau eines Green Terminals geplant, das als Park-/Serviceterminal für Binnenschiffe mit alternativen Kraftstoffen ausgelegt werden soll. Zudem sollen 2 Kais zu Offshore-Drehkreuzen umgebaut werden, an denen Offshore-Windkraftanlagen montiert werden.


Bernd Hentschel, Bundesanstalt für Wasserbau, Abteilung Wasserbau im Binnenbereich erläuterte anschließend die hydraulischen und morphologischen Untersuchungen der Grenzoder. Mittels numerischem Geschiebetransportmodel wurden bei der BAW der Ist-Zustand analysiert und großräumige und langfristige Varianten zur Wasserspiegel- und Sohlentwicklung simuliert. Während von der Neißemündung bis Warthemündung die Sohle langfristig tendenziell im Gleichgewicht ist, findet von der Warthemündung bis Hohensaaten Dünentransport statt, als dessen Folge in den letzten Jahrzehnten deutliche Auflandungen der Sohle entstanden sind. Diese betragen seit Mitte des letzten Jahrhunderts in weiteren Bereichen ca. 70 cm. Nördlich von Hohensaathen bis nach Stettin steht sehr feines Sohlenmaterial an. Durch Windstau und Gegenströmungen aus der Ostsee, die durch den prognostizierten Wasserspiegelanstieg durch den Klimawandel zunehmen werden, ist dieser Abschnitt als Auflandungsgebiet charakterisiert.


Ziele, Maßnahmen und Potentiale der Stromregelung Grenzoder wurden im Anschluss durch Astrid Ewe, Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Oder-Havel, Fachbereich Investitionen und Projekte, Projekt Oder, erläutert. Frau Ewe verdeutlichte, dass der Umwelt- und Naturschutz, aber auch die Belange der Wasserwirtschaft im Stromregelungskonzept, dass lediglich im Hinblick auf Bauwerkshöhen und die Streichlinienbreite einheitliche Parameter festlegt, integriert sind. Befürchtungen, dass die Oder kanalisiert wird, dass der Hochwasserschutz verschlechtert wird und dass eine Sohleintiefung den Nationalpark Unteres Odertal gefährdet, treffen nicht zu.


Gleichwohl gibt es diese Befürchtungen, wie Frau Dr. Jana Chmieleski, Referentin für Forschung und Monitoring beim Nationalpark unteres Odertal in ihrem Vortrag deutlich machte. Sie beschrieb zunächst die Bedeutung des einzigen Auennationalparks Deutschlands und ging dann auf die seit 2022 eingetretene Krisen (Bauarbeiten auf Polnischer Seite, Goldalge, Afrikanische Schweinepest) ein. Aktuelle Bedrohungen des Nationalparks sind der Klimawandel und die damit einhergehenden Dürreperioden, hohe Nährstoffeinträge, Schadstoff- und Salzeinleitungen die zur Massenentwicklung der Goldalge führen und der Ausbau der Oder mit Stress für deren Ökosystem. Deshalb fordert der Nationalpark eine Erhöhung der Resilienz der Oder durch konkrete Maßnahmen im Rahmen der Stromregelungskonzeption.


Der abschließende und äußerst kurzweilige Vortrag kam von Jiří Aster, Vizepräsident der Kammerunion Elbe – Oder und Berater des Verkehrsministeriums der Tschechischen Republik. Unter der Überschrift „Oder – Chance für Tschechien“ erinnerte er daran, dass nicht nur die Republik Polen und die Bundesrepublik Deutschland von Planungen und Maßnahmen an der Oder betroffen sind. Er erinnerte an Planungen für eine Verbindung von Donau – Elbe und Oder und daran, dass die Tschechoslowakische Elbe-Oder Schifffahrtsgesellschaft zu den großen Transporteuren auf der Oder zählte.


Die Veranstaltung unterstrich einmal mehr, dass die Oder ein europäisches Gewässer ist und unterschiedlichen Nutzungsinteressen unterliegt. Auch wenn die Verfasser dieses Berichtes die Vision von Herrn Aster, nach der polnische Binnenschiffe Reaktoren für tschechische Atomkraftwerke zur Versorgung Deutschlands auf der Oder transportieren, als satirisch gemeinte Zuspitzung ansahen, bleibt doch der Eindruck, dass die Wasserwirtschaftler auf Polnischer, Tschechischer und Deutscher Seite auch zukünftig im Austausch bleiben müssen um gemeinsame Visionen für unsere gemeinsame Oder zu entwickeln.



Jeannette Riedel                           Ulrich Blüher


Das Skrpit dieser Veranstaltung finden Sie im Download-Bereich dieser Webseite.